Nicht wenige Künstler haben festgestellt, dass die schönsten Geschichten nicht erfunden werden, sondern dass das Leben selbst sie schreibt. Hier die Geschichte eines kleinen Jungen, der von Autos „aufgezogen“ und in den Schlaf gewiegt wurde und der, als er aufwuchs, in ihnen nicht nur Reisegefährten, sondern wahre Freunde gefunden hat.
Dies ist die Geschichte des Regisseurs, Fotografen und Autors Alessandro Principe und seines besten Freundes: eines Alfa Romeo 1750 Spider Veloce.
Wenn er das Drehbuch zu seiner eigenen Geschichte schreiben und den Film dazu drehen müsste, wüsste Alessandro Principe sofort, welche Bilder er dazu wählen und wie er die Geschichte erzählen würde.
Der Film würde nachts mit einer Außenaufnahme beginnen, auf dem Rücksitz eines Wagens, der noch viele Kilometer zu fahren hat. Auf dem Rücksitz sitzt ein kleiner Junge, am Steuer ein Mann. Dieser kleine Junge ist Alessandro selbst.
„Ich bin sozusagen im coupè meines Vaters aufgewachsen, der arbeitsbedingt viel durch Europa gereist ist. Und so kann ich sagen, dass ich meine ersten freundschaftlichen Bande mit einem Auto geknüpft habe. Die Sitze dienten mir als Wiege, das Röhren des Motors waren mein Wiegenlied.“
Jetzt muss der Regisseur seinem Publikum zeigen, wie sehr sein Hauptdarsteller seiner Doppelrolle – Heim und Freund in einem – gerecht wird. Und so sehen wir in Szene 2 denselben Jungen wieder: nun schon etwas größer, ins Spiel mit seinem Auto vertieft. Für ihn ist es erst ein Raumschiff, dann wird es zum Rennwagen aus der Formel 1, so in einem Juwel der Technologie und der Leistung, die in der Lage ist, jedes Hindernis zu überwinden und erstaunliche Abenteuer zu führen. Nachdem der kleine Junge den Nachmittag lang durchgespielt hat und müde geworden ist, beschließt er, sich am bequemsten, einladendsten Ort der Welt auszuruhen: auf den Sitzen.
„Das ist der Hauptgrund, weshalb Autos für mich so wichtig geworden sind. Der häufige Kontakt mit ihnen hat mich dazu gebracht, alles über sie wissen zu wollen. Also habe ich alle Geschichten über die einzelnen Modelle gelesen – vor allem über die italienischen – und erzählte meinen Freunden mit der gleichen Begeisterung davon wie ich ihnen mein neuestes Spielzeug zeigte, dasjenige, das alle wollten, doch man selbst war der Einzige, der es bekam."
Und dann noch eine Szene mit einer Art Epiphanie, in der Autos als beste Freunde einem den Weg vorgeben, den man einschlagen soll. Und der heißt: Kino.
„Als kleiner Junge sah ich mir jede Menge Filme an. Am liebsten natürlich Filme, bei denen die Helden bei Verfolgungsjagden und wilden Rennen traumhaft schöne Autos fuhren. Sobald der Film dann zu Ende war, stieg ich ins Auto meines Vaters, schlüpfte in die Rolle des Schauspielers und spielte die Fortsetzung. So hielt ich meine Fantasie am Laufen.“
Dann der Wendepunkt. Der Augenblick, in dem der Held merkt, dass es ernst ist. „Mir war schnell klar, dass ein Auto kein Fortbewegungsmittel, sondern eine Erweiterung der eigenen Persönlichkeit ist.“ Bei Alessandro heißt diese Erweiterung Duetto.
Es gibt Menschen, die ihre Freunde vergessen, wenn sie sich verlieben. Aber auch Menschen, die es gar nicht erwarten können, ihnen ihre neue Flamme vorzustellen. So war es bei Alessandro, der seinem Bericht nun eine weitere anregende Szene hinzufügt.
„Als ich 15 war, las ich eine Anzeige, in der ein Alfa Romeo Spider zum Preis eines Fahrrades zum Verkauf angeboten wurde. Ich habe ihn sofort gekauft, obwohl er unfallbedingt irreparabel war. Ich bewahrte in bei uns im Garten auf, ich und meine damalige Freundin verbrachten viel Zeit damit. Wir konnten gerade einmal die Türen öffnen und schließen und den Motor anlassen und wieder abschalten, doch das genügte uns schon. Auf diesen Sitzen haben wir unsere schönsten Momente verbracht.“
In der nächsten Szene ist der Hauptdarsteller erwachsen und lebt ein rauschendes Künstlerleben. Und wie es nun einmal so ist bei jenen Begegnungen, die zwar zufällig wirken, die jedoch das Schicksal – oder ein geschickter Drehbuchautor – auf das Genaueste eingefädelt hat, begegnet er eines Tages dem Modell, das er immer schon am meisten haben wollte: einem 1750 Spider Veloce der 1. Generation.
„Der Duetto ist ein Auto, von dem ich mein ganzes Leben lang geträumt hatte. Es genügte, dass er vor mir stand, und schon war eine ganz besondere Chemie hergestellt. Manche halten mich für einen Sammler, doch sie irren. Ich sammle keine Autos; vielmehr betrachte ich die Beziehung zu meinem Wagen als einen gegenseitigen Austausch. Es ist nicht so, dass ich ihn fahre und er mich wohin bringt: vielmehr gehen wir zusammen ins Kino oder machen Urlaub.“
Die nächste Szene erinnert an ein Road Movie: angenehme Musik im Hintergrund, der Wagen fährt, die Hände umfassen das Lenkrad.
„Fahren heißt für mich, wieder auf etwas zu treffen, was tief in mir ist. Mit meinem Auto will ich Zeit verbringen, anstatt Geld zu verbraten."
Wenn Alessandro hier der Hauptdarsteller ist, ist der weibliche Hauptdarsteller sein das eigene Alter nicht verhehlende Duetto.
„Gerade seine Unvollkommenheiten machen ihn perfekt. Genau wie eine erfahrene Frau, die die edle Überlegenheit einer Person zeigt, die das Leben versteht.“
Das Ende des Films ist aber noch nicht das Ende der Geschichte. Alessandro hat seinen Weg eingeschlagen und geht ihn konsequent weiter. Denn: ein Ziel zu haben, ist zwar wichtig, was aber am meisten zählt, ist, in Bewegung zu bleiben.
„Reisen und Filme ansehen tue ich noch immer. Manchmal kommt es vor, dass ich einen Film drehe. Denn Filme fürs Kino zu machen ist ein ganz ehrlicher Moment, der mich zu den Wurzeln zurückbringt und sich von meinen Leidenschaften nährt. Genau wie Fahren.“
