Formen einer Limousine, aber Biss und Leistung eines großartigen Rennwagens.
Der Kunde hat immer recht, auch wenn es ums Racing geht. Dies bestätigt der offizielle Eintritt von Fiat in die Welt der Rallyes.
Zwischen den 60er und 70er Jahren baten viele Privatkunden das Turiner Autohaus um Unterstützung, um bei Rallyes mit ihren 124 Sport Spidern anzutreten. Aufgrund des großen Publikumsinteresses an Rallye-Wettkämpfen, die in jenen Jahren am stärksten im Automobilsport verfolgt wurden, beschloss die Geschäftsleitung von Fiat, stufenweise in diese Aktivität zu investieren. Anfangs wurden einige 124 inoffiziell für verschiedene Wettrennen angemeldet, die für die italienische Meisterschaft und die Weltmeisterschaft zählten. Mit der Übernahme von Abarth im Jahr 1971 und ihrer Umwandlung in die offizielle Racing-Abteilung des Unternehmens wurde der Boden für den Start des Fiat-Rennstalls bereitet, der in der Sportsaison 1972 mit dem 124 Abarth Rally Gruppe 4 sein Debüt feierte. Die optimalen Ergebnisse des Fahrzeugs, das zwei Europameisterschaften in den Jahren 1972 und 1975 gewann, überzeugten die Manager von Fiat, die Investitionen im Bereich Racing zu potenzieren. Um den mittlerweile in die Jahre gekommenen 124 zu ersetzen, wurde 1976 ein auf der neuen Limousine Fiat 131 basierendes Fahrzeug vorbereitet: Damit sollte das durch die sportlichen Erfolge entstandene Image erneut genutzt werden, um den Absatz des Modells zu steigern. Eine gemächliche Stufenhecklimousine für Familien wurde also in einen siegreichen Rennwagen verwandelt.
Mit Design und Gestaltung der Karosserie wurde das Stilzentrum Bertone betraut. Dort entstand durch die Verwendung von Glasfaserkunststoff und Aluminium ein leichter gemachtes Fahrzeug mit einer vom Fiat 131 Mirafiori inspirierten Optik in der 2-Türen-Version. Zur Reduzierung des Karosseriegewichts bestanden die Hauben und Kotflügel des 131 Abarth Rally aus Harzkunststoff und die Türen aus Aluminium. Hinzu kamen später vergrößerte Radkästen und breite Spoiler, um den erforderlichen Abtrieb zu gewährleisten. Die großen dynamischen Lufthutze an der linken Seite der Motorhaube und an den Flanken ermöglichten die Kühlung der mechanischen Teile.
Der von den Abarth-Technikern ausgearbeitete Antriebsmotor des Fahrzeugs war ein außergewöhnlicher Vierzylinder-Reihenmotor mit 1.995 cm3 und Zylinderkopf aus Leichtmetalllegierung, doppelter Nockenwelle, 16 Ventilen und mechanischer Kugelfischer-Einspritzung in der Version „Racing“. Die Straßenversion, mit Weber-Doppelvergaser, lieferte 140 PS, aber die Rennversion mit Einspritzvergaser erreichte 225 PS, die danach auf 245 getrimmt wurden. Das klauengeschaltete 5-Gang-Getriebe, auch für die 131 Abarth Straßenversionen, und das ZF-Selbstsperrdifferentialgetriebe (nur bei der Rennversion) übertrugen die Leistung auf die tiefergelegten Pirelli P7 Reifen.
Der Fiat 131 Abarth Rally Gr.4 wurde zwischen 1976 und 1978 in 400 Exemplaren, der Mindestzahl für die Zulassung der Rennversion in der Gruppe 4 laut FIA-Reglement, gebaut und behauptete sich schnell bei den Wettrennen weltweit.
Vier Jahre lang beherrschte er die Rallyes auf der ganzen Welt, von Finnland über Monte Carlo bis Argentinien.
Die Ölkrise der 70er Jahre traf die Welt des Racings noch stärker als den Automarkt. Aber die Begeisterung der italienischen Öffentlichkeit für Autorennen und die Aussicht auf neue Erfolge ließen nicht nach.
Nach den beiden Siegen bei den Rallyes 100.000 Trabucchi und Valli Piacentine der italienischen Meisterschaft 1976 triumphierte der Fiat 131 Abarth Rally beim Debütrennen der Europameisterschaft 1976, der Rallye der Insel Elba. Der zweite internationale Sieg im selben Jahr wurde bei der 1000-Seen-Rallye in Finnland erobert, die für die Weltmeisterschaft zählte. Der Erfolg ging auf den finnischen Champion Markku Alén zurück, der die 1000-Seen-Rallye mit dem 131 ganze 4 Mal, davon 3 Mal in Folge, gewann. Er sammelte auch den letzten Erfolg des 131 Abarth in einem ordentlichen Proberennen, der Rallye Portugal 1981.
Die 1978 gegründete Einrichtung ASA (Attività Sportive Automobilistiche), die die Rennabteilungen Lancia, Fiat und Abarth gemeinsam einbezog, gewährleistete eine bessere Koordinierung der Wettkampfaktivitäten der Gruppe: die Lancia-Autos wurden zuerst zur Rallye-Europameisterschaft und dann auf die Pisten der Langstrecken-Weltmeisterschaft geschickt, und überließen dem nunmehr etablierten 131 Abarth die Aufgabe, die Rallye-Weltmeisterschaft zu gewinnen.
Eine Aufgabe, die die auf jedem Boden wettbewerbsfähigen und zuverlässigen 131 brillant lösten, in dem sie drei Hersteller-Weltmeistertitel (1977, 1978 und 1980) mit 18 absoluten Siegen, zwei Doppel- und fünf Dreifachsiegen für sich entschieden. Zur langen Liste der Auszeichnungen kamen der FIA Drivers‘ Cup 1978, den Markku Alén gewann, und die Weltmeisterschaft der Piloten, bei der Walter Röhrl 1980 auf das oberste Treppchen stieg. Auch andere Fahrer fuhren diverse Siege ein und trugen dazu bei, die Zuneigung der Fans für den 131 Abarth zu steigern: wie z. B. die “Nordländer” Salonen und Waldegaar, die Franzosen Andruet und Darniche sowie die „Lady der Rallye“ Michelle Mouton. Aber auch die italienischen Rennfahrer waren zahlreich vertreten: Becchelli, Verini, Bettega, Munari, Cerrato, Carello, Vudafieri, der 1980 den europäischen Titel holte, bis zu Zanussi, der 1982 italienischer Meister wurde.
Der zur FCA Heritage-Sammlung gehörende Fiat 131 Abarth Rally Gruppe 4 trägt stolz die kultige, im Biennium 1978-79 verwendete Alitalia-Livree zur Schau; ausgestellt wird das Auto im Bereich The rally era des Heritage HUB in Turin.