Am 4. Juli 1957 präsentierte Fiat den Erben des „Topolino“, den Nuova 500, einen Superkleinwagen für alle. Er war kleiner und wirtschaftlicher als der Fiat 600, der bereits seit zwei Jahren ganz Italien motorisierte: gemeinsam veränderten sie die Geschichte des Automobils.
1957 war nicht nur für Europa ein besonders wichtiges Jahr, denn am 25. März wurde in Rom der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) unterzeichnet. Während Europa seine Zukunft gestaltete, schoss die Sowjetunion den ersten Satelliten der Geschichte, den Sputnik, in die Umlaufbahn. In diesem zukunftsweisenden Szenario präsentierte Fiat dem Ministerpräsidenten am 1. Juli in Rom im Voraus den Erben des glorreichen „Topolino", den Nuova 500. Wenige Tage später zeigte sich das Fahrzeug am 4. Juli 1957 der Öffentlichkeit. Begleitet von bezaubernden Models zogen etwa zehn 500 vom Mirafiori-Werk bis ins historische Stadtzentrum durch die Straßen von Turin.
Das Projekt, das kleine Fahrzeug aus Turin zu ersetzen, entstand einige Jahre zuvor, als sich alle Ressourcen auf den 600 konzentrierten, der 1955 auf den Markt gekommen war. Das Konzept des Präsidenten Vittorio Valletta bestand darin, dem 600 ein noch kleineres Auto zu einem Preis zur Seite zu stellen, der etwa dem Jahresgehalt eines Arbeiters entsprach: Gemeinsam werden die beiden Autos die Geschichte der Massenmotorisierung in Italien, und nicht nur dort, geschrieben haben.
Man wählte den Namen Nuova 500, um eine Verbindung zum vorigen Fiat 500, bekannter unter dem Spitznamen „Topolino“, herzustellen, obwohl er komplett anders war. In der Tat basierten die technologischen Neuheiten auf der Erfahrung und dem Erfolg des 600: von der selbsttragenden Karosserie zur Einzelradaufhängung. Der Heckbereich erinnerte an die kurvigen Linien des 600, während die schalenförmige Motorhaube moderner war und auch den Bereich der Kotflügel bedeckte, die sich nun nicht mehr ausschließlich an die Scheinwerfern anschlossen. Ein Segeltuchdach bedeckte den gesamten Dachhimmel und die Türen öffneten sich „gegen den Wind“.
Die Mechanik musste einfach sein, damit auch die Wartungskosten im Rahmen blieben. Deshalb wählte Dante Giacosa nach einigen Versuchen den zuvor noch nie da gewesenen, luftgekühlten Zweizylinder-Heckmotor. Der anfängliche Hubraum von 479 cm3 leistete 13 PS bei 4.000 U/min. und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 85 km/h.
Der Erfolg stellte sich nicht unmittelbar ein, auch weil der 600 bestens lief. Aber die ein oder andere Änderung an der Ausstattung sowie am Preis sorgte dafür, dass die Verkaufszahlen schnell emporschnellten.
Die erste Reaktion des Marktes auf den Nuova 500, auch 500 N genannt, war nicht besonders berauschend: Der Erfolg des 600 überschattete das neue Fahrzeug. Vielleicht lag es aber auch an den sehr spartanischen Ausstattungen und der Zulassung für nur zwei Personen. Fiat eilte jedoch schnell zu Hilfe und baute eine gepolsterte Rücksitzbank ein, so dass das Fahrzeug für vier Personen zugelassen werden konnte. Unzählige Details optimierten diese neue Ausstattung, die herunterkurbelbare Fenster, die blockierbare Öffnung des Ausstellfensters, die Karosserie veredelnde Verchromungen und Radabdeckungen aus Aluminium umfassten. Jetzt hatte der Fiat-Superkleinwagen seinen Weg gefunden und präsentierte sich mit einem entschlosseneren Charakter, betont auch durch den Schriftzug Nuova 500 auf der Motorhaube.
Von Bedeutung waren auch die Eingriffe an der Mechanik, die mit einem höheren Verdichtungsverhältnis, einer neuen Nockenwelle und einem anderen Vergaser die Leistung auf 15 PS und die Höchstgeschwindigkeit auf 90 km/h steigerten. Der Preis der Anfangsversion, der in der Preisliste weiterhin unter dem Namen „wirtschaftlich“ geführt wurde, sank, während die potenzierte und reicher ausgestattete Version („normal“ genannt) ihr Debüt am 30. Oktober 1957 auf dem 39. Turiner Autosalon unter Beibehaltung des vorigen Markteinführungspreises von 490.000 Lire feierte.
Wenige Monate später führte Fiat Mitte 1958 den Nuova 500 Sport ein. Der Hubraum wuchs auf 499,5 cm3 und die Leistung auf 21,5 PS, womit das 100 km/h-Limit geknackt und durch die Verwendung einer längeren Übersetzung eine Geschwindigkeit von 105 km/h erreicht wurden. Der 500 Sport hatte ein starres Dach und eine zweifarbige Karosserie. Als das Auto im Mai 1958 beim 12-Stunden-Rennen in Hockenheim die ersten vier Plätze in der 500 ccm-Klasse belegte, stellten sich auch die ersten Erfolge bei Autorennen ein; wobei der echte sportliche Erfolg bereits im Februar erfolgt war, als ein Nuova 500 mit Hilfe von Karl Abarths Ausgestaltung in 7 Tagen auf der Rennstrecke von Monza alle Geschwindigkeits- und Ausdauerrekorde in seiner Kategorie gebrochen und somit auch die Sporttalente und Robustheit des Nuova 500 bewiesen hatte… aber das ist eine andere Geschichte!