Abarth schuf ein wendiges, leichtes und leistungsstarkes Coupé, das lange Jahre den Rennsport dominierte. Als Basis diente das Fahrgestell des Fiat 850: Das Autohaus mit der Schlange im Wappen lieferte die erfolgreiche Antwort auf diverse verbesserte Versionen, die direkt von den großen Herstellern produziert wurden.
Die Mitte der 1960er Jahre war für Abarth eine Zeit des strategischen Wandels: Die wichtigsten Autobauer begannen damit, auch den Markt für aufgerüstete Versionen ihrer Wagen zu besetzen und standen damit in direkter Konkurrenz zu den Umbauten von Abarth. Das in Corso Marche ansässige Unternehmen konzentrierte sich daraufhin mehr und mehr auf die Produktion von Rennwagen: eine Nische, in der Abarth sich durch die Nutzung der im Laufe der Jahre gesammelten Erfahrungen auszeichnen konnte.
Zeitgleich wurden die Beziehungen zur französischen Simca eingestellt: Fiat verkaufte seine Anteile an dieser transalpinen Tochtergesellschaft an den amerikanischen Chrysler-Konzern, während Abarth, das bis dahin auch Basisfahrzeuge von Simca benutzt hatte, nun beschloss, sich ausschließlich auf Fiat zu konzentrieren. Ein erster Einigungsversuch mit Alfa Romeo hatte bereits im vorangegangenen Jahrzehnt im Rahmen des Projekts Alfa Romeo Abarth 1000 stattgefunden: Das Experiment wurde dann nicht weiterverfolgt, doch Abarth hatte inzwischen seine technischen Fähigkeiten verbessert, da Mario Colucci ins Team kam, der – nachdem er Alfa für Abarth verlassen hatte –, zusammen mit Carlo Abarth zu den geistigen Vätern der siegreichen Autos mit dem Skorpion-Logo wurde.
Vor diesem Hintergrund entstand1965 der Fiat Abarth OT 1300. Die Karosserie besteht aus den gestanzten Blechen des Fiat 850, aus denen die tragende Struktur gebaut wird. Genau wie bei dem Fiat, von dem er abstammt, befindet sich auch hier der Motor hinter den Rädern, in dem für Carlo Abarth typischen Muster.
Seit Anfang der 1960er Jahre kennzeichnet die Abkürzung OT („Omologate Turismo“) bei Abarth sowohl getunte Straßen- als auch Wettbewerbsfahrzeuge, die das Ergebnis einer mehr oder weniger radikalen Umgestaltung der Serienfahrzeuge sind. So wurde auch hier das Fahrgestell aus den Schachtelblechen von Serienfahrzeugen – zunächst Fiat 600, in diesem Fall Fiat 850 – hergestellt. In jenen Jahren entstand auch die andere Familie, die sich durch die Initialen SP (Sport Prototipo) auszeichnete: Autos, die speziell für den Rennsport entwickelt wurden und unter Mitwirkung von Mario Colucci mit einem Rohrrahmen ausgestattet waren, wie der Fiat Abarth 1000 SP.
Beim Fiat Abarth OT 1300 ist der Motor eine Weiterentwicklung des Motors aus dem Abarth Simca 1300. In der neuen Konfiguration entwickelt der gut durchdachte Abarth Trockensumpf-Doppelwellenmotor (Bezeichnung 237) mit 1.298 cm³ Hubraum 147 PS bei 8.800 U/min. Ein Fünfgang-Getriebe mit Selbstsperrdifferenzial, Einzelradaufhängung und vier Scheibenbremsen vervollständigen die ausgefeilte Mechanik.
Die stromlinienförmige Coupé-Karosserie zeichnet sich durch große, leichte Motorhauben aus, die vollständig aus Harzfaser gefertigt sind und die vorderen und hinteren Teile umschließen: Ihre Gelenke befinden sind an den Enden des Fahrgestells und können vollständig geöffnet werden, um Eingriffe an den mechanischen Komponenten und am Fahrwerk in Rekordzeit vorzunehmen. Der Rest der Karosserie besteht hauptsächlich aus verstärktem Polyesterharz, nur einige wenige Teile sind aus Aluminium oder Stahlblech gefertigt. Insgesamt bringt das Coupé nur 655 kg auf die Waage, was eine Höchstgeschwindigkeit von 245 km/h ermöglicht. Das Äußere des Coupés erinnert in keiner Weise an die Limousinen- und Coupé-Versionen des „Spender“-Fiat 850.
Erste Rennerfolge stellen sich bereits vor der Homologation ein, während die Harzfaser-Karosserie beweist, wie leicht sie modifiziert werden kann. Die zahlreichen Rennerfolge des Fiat Abarth OT 1300 festigten die führende Rolle des Autohauses mit dem Skorpion unter den Herstellern von Wettbewerbsfahrzeugen.
Wie in der „Fiche d'Homologation“ der FIA angegeben, begann die Produktion offiziell am 15. Mai 1965, während die Homologation in der Gruppe 4 am 15. April 1966 erfolgte, nachdem 50 konforme Exemplare gebaut und am 30. März 1966 getestet worden waren.
Das Renndebüt fand jedoch schon viel früher statt: Am 5. September 1965 nahm das Abarth-Team mit drei neuen OT 1300 an den 500 km des Nürburgrings teil. Da die Wagen noch nicht homologiert sind, werden sie in der Prototypenklasse eingesetzt: der Klasse, die um den Gesamtsieg kämpft, und in der es zahlreiche Wagen gibt, die zumindest auf dem Papier viel stärker sind. Auf der tückischen, kurvenreichen deutschen Strecke kämpfen die leichten Fiat Abarth OT 1300 bereits um die ersten absoluten Plätze, stellen ihre hervorragenden Qualitäten unter Beweis und behaupten sich neben den zahlreichen anderen Abarth-Fahrzeugen, die am Rennen teilnehmen. Am Ende sind nicht weniger als sieben Abarth Prototypen unter den ersten zehn Fahrzeugen, die die Ziellinie überqueren.
Doch der markanteste Erfolg kommt kurz vor der Homologation: am 25. April 1966 bei den 1000 km von Monza. Drei Fiat Abarth OT 1300, die noch als Prototypen zugelassen sind, erzielten einen glorreichen Hattrick in der Klasse: 1. Platz für Fischhaber/Furtmayr/Baghetti, 2. Platz für Ortner/Steinmetz und 3. Platz für die Privatiers Morando/Varese. Dieser und andere Erfolge lösten dann die Aufträge von Privatfahrern aus. Kurz darauf errangen sie ihre ersten Siege, vor allem bei Bergrennen – aber nicht nur.
Die offizielle Apotheose findet wieder bei den 500 km auf dem Nürburgring statt: in der Ausgabe von 1966, einem goldenen Jahr für das Autohaus mit dem Skorpion im Wappen. Die schwierige deutsche Strecke unterstreicht einmal mehr die Agilität des Coupés aus Corso Marche: Der offizielle Fiat Abarth OT 1300 von Ernst Furtmayr, der jetzt in der Gruppe 4 startet, gewinnt nicht nur die Klasse, sondern ist auch Gesamtsieger; Dritter werden die Teamkollegen Müller/Steinmetz und der 5. Platz ergeht an den andere offiziellen OT 1300 von Siegfried Dau, der vor den zwei Fiat Abarth OT 1300 der Privatfahrer Morando und Hans-Dieter Dechen liegt.
Im Zuge der intensiven Renneinsätze entsteht die Notwendigkeit, die sich im Cockpit entwickelnde übermäßige Hitze zu mildern. Dazu wird zunächst ein Lufteinlass aus dem rechten Fenster geschaffen und dann ein strukturierteres „Periskop“ am Ende des Dachs, um etwas Frischluft in den Fahrgastraum zu leiten: von nun ab ein unverwechselbares Merkmal des Autos.
Die Kunstharz-Karosserie lässt sich leichter austauschen und umgestalten als Stahl- oder Aluminiumbleche: So werden die Fiat Abarth OT 1300 auch nach dem Verkauf noch an einigen wichtigen Punkten modifiziert. Insbesondere werden einige unterschiedliche Formen des Lufteinlasses an der vorderen Motorhaube geschaffen, während die ursprüngliche Motorhaube, die im mittleren Teil flach und am Heck erhöht war, durch eine abgerundete Abdeckung aus transparentem Plexiglas ersetzt. wird.
In den ersten Monaten des Jahres 1967 werden dann die wichtigsten Änderungen vorgenommen, die auch die Mechanik betreffen: Die Spurbreite wird erhöht, um die Kurvenstabilität zu verbessern, und der Motor leistet nun 157 PS. Das neue Fahrgestell erfordert eine höhere und stärker abgerundete Motorhaube, und auch die Scheinwerferabdeckungen werden vergrößert. Unter den Türen, in der Nähe der hinteren Kotflügel, befinden sich nun zwei ovale Lufteinlässe, die Frischluft zu den Bremsen und dem Getriebe leiten. Unter Beibehaltung des charakteristischen Periskops auf dem Dach wurden diese Änderungen später als „zweite Serie“ eingestuft.
Der Fiat Abarth OT 1300 blieb bis in die 1970er Jahre hinein siegreich und trug wesentlich zum Aufstieg Abarths als Rennwagenhersteller bei. Insbesondere 1966 war ein besonderes Jahr für den Autobauer mit dem Skorpion im Wappen, der die Saison mit über 900 Siegen beendete, auch dank der hervorragenden Fiat Abarth OT 1300. Alles Ergebnisse, die allein durch den Erfolg auf der Rennstrecke das Konzept der Direktwerbung festigen, das Carlo Abarth so sehr am Herzen liegt.